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Harald Welzer

Wir sind die Mehrheit

Für eine Offene Gesellschaft

Erneut hat Harald Welzer ein kämpferisches Buch geschrieben. Es geht um uns, die wir das Glück haben in einer Offenen Gesellschaft zu leben. Seine Bezugsgrößen, vor allem den Philosophen Karl Popper ("Die Offene Gesellschaft und ihre Feinde") und den Soziologen Ralf Dahrendorf, bindet Welzer zwar in seine Analyse ein, aber nur zur Untermauerung der Kernthesen seiner Streitschrift. Ähnlich wie Timothy Snyders "Über Tyrannei - Zwanzig Lektionen für den Widerstand", legt dieses Büchlein  Handlungsempfehlungen auf engem Raum dar.

Welzers Ton ist bissig und bewältigt mühelos den Spagat zwischen ernstem Anliegen und humorvoller zeitgenössischer Beobachtung. So schreibt er: "Ein klassisches Spießerauto wie ein Audi sieht heute von vorn aus, als würde er alle vorausfahrenden kleineren Autos inhalieren und hinten durch den Vierrohrauspuff wieder ausscheiden." (S.94) Seine Argumentation jedoch befasst sich mit einer neuen Form von Aggressivität und Wettbewerb im Alltag - hier, so Welzer, müsse abgerüstet werden.

Statt Themen von Neurechten unter Populismusverdacht aufzunehmen und immer weiter zu verbreiten, sollten wir selbst Themen setzen, öffentlich und politisch Diskussionen um Teilhabe führen, Humor bewahren und auch sehen, was gut ist.

 

Keine Theorie, eine Streitschrift voller Angebote zum Handeln und außerdem das Buch zur Bewegung: Die Offene Gesellschaft.

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PS: Die dreizehn Regeln:

  1. Es ist einfacher, für die Demokratie zu kämpfen, solange es sie noch gibt. Danach wird es erheblich schwieriger.

  2. Der rechte Rand ist für eine stabile Demokratie kein Problem. Ein Problem ist es, wenn die Themen des rechten Rands in die Mitte der Gesellschaft wandern.

  3. Wahnehmungen und Einstellungen sind nicht stabil. Auch nicht die eigenen.

  4. Die rechten sind nicht stark bei uns, sondern stark ist die demokratische Mehrheit, und jetzt müssen wir Verantwortung zeigen, indem wir für diese Gesellschaft eintreten.

  5. Geschichte lässt sich nicht vergleichen? Dass ich nicht lache!

  6. Die Bürgergesellschaft setzt die Themen.

  7. Lügen sind Lügen

  8. Nicht überall, wo Demokratie draufsteht, ist auch Demokratie drin.

  9. Schlau sein genügt nicht. Man muss auch Schlussfolgerungen ziehen können. Und handeln.

  10. Der Alltag muss abgerüstet werden. Der Prozess der Zivilisation ist kein Wettbewerb.

  11. Demokratie gibt es nur, wenn genügend Menschen für sie eintreten.

  12. Wählen ist das Minimum. Aber es gibt viel mehr zu tun. Wir schaffen das.

  13. Dies ist unser Land. Und wir sind die Mehrheit.

Harald Welzer, "Wir sind die Mehrheit", FISCHER Taschenbuch, 2. Auflage, 16. März 2017.

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